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Freitag, 20.07.2018 um 8:11

Meine Geschichte

Meine Namen ist 998 196-0 und bin 1956 in Eschwege geboren. Viele Jahre bin ich zwischen Mühlhaus und Erdingen gerollt, wie lange dies war, kann ich leider nicht mehr nachvollziehen. Aber auch die Strecken in Rosenheim, Schongau, Plattingen und Freilassing waren mein Revier.

Jedenfalls erhielt ich den Namen Mühlhauser Beiwagen. Mein Heimatbahnhof war München. Gebaut wurde ich 1956 bei den Orion Werke in Eschwege mit der Fabriknummer 98196, hier wurden kurze Zeit Schienenbus Beiwagen gebaut, aber auch Anhänger für Omnibusse auf der Straße, trotzdem gehöre ich zum Uerdinger Schienenbus.

1960 wurde ich erstmals im Ausbesserungswerk in Kassel grundsaniert, ein Mitarbeiter mit Namen…… hat dies hinter meiner Holzvertäfelung verewigt.

Am 18.04.1994 wurde ich endgültig beim Bw Mühldorf ausgemustert.

Ich wurde nach Aich von Modellspielwaren Baumann gekauft und stand dort als Deko.

2010 wurde ich dann wieder an die Westfälische Almtalbahn verkauft.

2011 erholte ich mich auf Rügen, bevor es nach Altenbecken ging.

Lange stand ich dann in Altenbecken. Erst draußen, dann durfte ich in einem alten Rechteck- Lokschuppen stehen und wusste nicht was mit mir geschehen sollte. In die Jahre gekommen, der Lack war ab und mein inneres runtergekommen. 2013 geschah das Wunder, ich wurde langsam aus meinen Schuppen gezogen, von meinen geliebten Gleisen gehoben und ein gummibereifter Zugwagen mit Anhänger wartete auf mich, ich wurde behutsam auf diesen gehoben und nahm meine Reise über unbekannte Landschaften auf.

Alles finanziert von der Regionalen 2010 und der Stadt Wipperfürth.

Ich dachte es ist mein Ende. Kein Gleisanschluss war in Sicht, doch plötzlich waren Schienen in Sicht und zwei Kranwagen. Sollte das meine letzte Ruhestätte sein, es war nur ein kurzes krummes Gleis ohne Möglichkeit, wieder Fahrt aufzunehmen.

Was sollte das, nun ich musste mich wahrscheinlich damit abfinden.

Als Bayer in Preußen zu leben, wieder den Wetterverhältnissen ausgesetzt. Wahrscheinlich auf dem Schrottplatz.

Es wurde ein Zaun um mich herumgestellt, welch ein Quatsch, alleine konnte ich eh als Beiwagen nicht fahren und die Gleise ließen eine Weiterfahrt auch nicht zu.

Viele Leute kamen vorbei und schauten mich an, schauten auch in mein Inneres, schüttelten den Kopf und sagen, es ist alles kaputt und es ist viel Arbeit.

Als ich mich mit meinem Schicksal nach ein paar Steinwürfen auf meine Fenster die zersplitterten, abgefunden hatte, begann das unglaubliche.

3 Menschen nahmen ehrenamtlich, sich meiner an, ich bekam anfangs Angst, sie rissen die Decke ab und meine Theke im hinteren Gepäckabteil. Wieder kamen Menschen die neuen Kabel legten. Menschen kamen die meinen alten Lack abschliefen und Bilder von „Werner Beinhart“ aufsprühten, was sollte es mit mir noch werden?

Nach einer Zeit ging es immer weiter aufwärts, auch der Werner verschwand und ich bekam zwei neue Lackierungen auch innen wurde es immer schöner, mir Requisiten aus den 70 er, sowie einen Schaffner.

Viele Menschen verfielen in alte Erinnerungen, als sie noch mit dem Schienenbus fuhren, entweder zur Schule oder in die nächste Stadt zum Einkaufen. Eltern erklärten ihren Kindern, das auch sie mit dem Zug fuhren und das eine Eisenbahn kein Lenker hat. Es ist witzig und stimmungsvoll.

Außen in Bayern, fuhren meine Brüder auch auf dieser Strecke 412 von Lennep bis Wipperfürth und Marienheide, das fast 20 Jahre lang. Die Bilder unten zeigen meine letzten Tage in Mühlhaus auf der rechten Seite im Bild und meine Gefährten in Wipperfürth im Einsatz.

Nun stehe ich schon ein paar Jahre auf den gleichen Ort, das Unkraut wächst fröhlich, mein Lack wird langsam wieder blass und meine Gummis werden von der Sonne spröde.

Schauen wir mal wie es weitergeht. Ich habe Hoffnung, weil ich von den Menschen sehr gut angenommen werden. Sie haben Spaß. Donnerstags treffen sich immer viele vor oder im Bus lachen beim gemütlichen Getränk aus den 70 er, meiner Blütezeit und essen Bratwurst.

Sogar traut man sich bei mir zur gemeinsamen Ehe, alte Filme werden gezeigt, der Nikolaus kommt immer am 6 Dezember zu mir und auch andere Veranstaltungen werden gemacht. Es ist wieder Leben um mich herum, auch wenn ich selber zum Stillstand gekommen bin.

Ich pfeife für mein Leben gerne und Donnerstags darf ich das und alle Menschen fühlen sich von mir eingeladen, genauso wie es früher war als mein Abfahrsignal ertönte.

Meine Fotos sind in dem neu modischen Internet aber auch auf Kalender und sogar in Büchern.Ich gehöre sogar zu den 110 Eisenbahn Sehenswürdigkeiten im Rheinland, die man gesehen haben muß. Es ist mir eine Ehre.

Ich wünsche mir eine Überdachung zum Schutz, gerade Gleise auf denen ich vielleicht wieder ein wenig rollen kann, oder ein paar Artgenossen auf der Schiene.

Aber alles hängt davon ab ob sich weiter Menschen finden die sich für mein Weiterbestehen einsetzten und mich nicht verwahrlosen lassen, so dass ich am Ende doch verschrottet werden muß.

Ich freue mich noch lange für Euch bereitzustehen

Euer 998 196-0

Fotos zum Artikel

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Unser Schienenbus bei seinem ersten Aufenthalt

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Autor: Klaus Fink / Fotos: